Wieder-/Belebung der Innenstädte

Datum des Artikels 12.05.2021

Lebens- und Aufenthaltsqualität


Aus Sicht der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU Hessen sind belebte und lebendige Innenstädte sowie Dorfzentren ein wichtiger Bestandteil unseres sozialen und ökonomischen Umfelds. Seit einigen Jahren stehen diese Knotenpunkte des gesellschaftlichen Lebens jedoch unter Druck und verzeichnen vielerorts einen Besucherrückgang. Dies führt oftmals zur Abwanderung Gewerbetreibender, die bei ausbleibender Flächennutzung weitere Schließungen aufgrund von noch geringerem Publikums- und Kundenverkehr nach sich ziehen. Die negativen Folgen für das soziale und ökonomische Klima in einer Kommune sind dann deutlich zu spüren. Die Abwärtsspirale solcher Prozesse zu durchbrechen, gestaltet sich umso schwieriger, je später man eingreift. Jedoch zeigen einzelne Best-Practice-Beispiele, dass eine Umkehr durchaus möglich ist.


Die MIT Hessen hat sich zum Ziel gesetzt, dieses Problem zu bekämpfen und engagiert sich hierzu auf mehreren Ebenen. Mit dem vorliegenden Papier möchten wir unsere Mitglieder, sowohl auf geschäftlicher, als auch auf politischer, insbesondere kommunalpolitischer Ebene, unterstützen und ihnen Handlungsempfehlungen zur Verfügung stellen.
Zur Bekämpfung der oben angerissenen Problematik benötigen Kleinstädte sowie ländliche Gemeinden andere Instrumente der Stadtkommunikation und andere organisatorische Lösungen als urbane Großstädte. Aus Sicht der MIT wird im ländlichen Raum die interkommunale und regionale Kooperation für die Zukunftsfähigkeit lokaler Strukturen an Bedeutung gewinnen.
Gerade kleine und mittelgroße Städte müssen ihre eigene Rolle neu definieren. Ein oft gemachter Fehler ist hierbei das Festhalten an veralteten Konzepten trotz eines veränderten Konsumverhaltens. Dieses Phänomen lässt sich häufig in Kurstädten und ehemaligen Touristikzentren beobachten. Ein weiterer häufiger Fehler ist der Versuch, Konzepte der größeren Wettbewerbsstädte zu kopieren, ohne ein eigenes Profil unter Betonung der lokalen Vorzüge zu entwickeln. Hier sind die Verantwortlichen im Stadtmarketing und der Stadtentwicklung gefragt, gemeinsam mit den ansässigen Gewerbetreibenden, insbesondere den Einzelhändlern und Gastronomen, passende Lösungen zu entwickeln, die an den aktuellen lokalen Gegebenheiten ansetzen.


Attraktive Fußgängerzonen

Leerstände, geringerer Publikumsverkehr, Attraktivitätsverlust, Verunreinigung – all dies sind Stichworte, die in den letzten Jahren die Diskussionen zu Fußgängerzonen dominierten. Hinzu kommen die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Tatsache ist, Fußgängerzonen sind mit Herausforderungen und Problemen konfrontiert, vor allem in kleinen und mittleren Städten. Die MIT Hessen ist der Ansicht, dass Fußgängerzonen und verkehrsberuhigte Bereiche eine sehr wichtige Bedeutung für die Stadt- und Standortattraktivität haben. Daher sehen wir eine einfache Rückführung von Fußgängerzonen zu Straßen mit Autoverkehr kritisch und als nicht zielführend an. Sondern raten eine hybride Nutzung mit Fuß- und Radverkehr zu prüfen.

 

Veränderte Bedürfnisse und Wünsche

Die MIT sieht eine geänderte Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger an ihre Innenstädte. Fuhr man früher in die Innenstadt, um Produkte des täglichen Bedarfs einzukaufen, so kann man heute diese Einkäufe, gerade im Lebensmittelbereich, in den entsprechenden Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ erledigen. Die Bürgerinnen und Bürger suchen aus unserer Sicht bei einem Besuch in der Innenstadt heute mehr das Erlebnis und die Erholung, wobei der Einkauf an sich zwar Auslöser, aber nicht mehr unbedingt primärer Zweck des Innenstadt Besuches ist.

 

Verödete Innenstädte - kurzfristige Maßnahmen

  • Stärkung des Handels durch rechts- und planungssichere Sonder- und Sonntagsöffnungsmöglichkeiten. Die MIT Hessen sieht in dem neugestalteten Ladenöffnungsgesetz des Landes Hessen eine gute Möglichkeit, um einen temporären Zuwachs an Publikums- und Kundenverkehr zu generieren.
  • Die temporäre Verringerung von Mieten für städtische Gewerbeimmobilien sorgt zwar für geringere Einnahmen, kann aber dazu beitragen, Geschäfte am Ort zu erhalten und somit Synergien zu stärken.
  • Die Nutzung des öffentlichen Raums für Außengastronomie oder Ausstellungsflächen beleben den Straßenraum und bereichern das Stadtbild. Kommunen sollten daher eine entsprechende Sondernutzung zu angemessenen Gebühren ermöglichen.
  • Schaffung von temporären Veranstaltungen mit Magnetwirkung. Gerade für eine kurzfristige und unkomplizierte Belebung von Innenstädten eignen sich aus unserer Sicht dezentrale Veranstaltungen und Angebote. Hier sehen wir ein großes Potential bei der Einbindung von ansässigen Schaustellerbetrieben, die durch ihre vorhandenen Fahrgeschäfte und Unterhaltungsbetriebe über das nötige Know-how verfügen, um ohne Baugenehmigung an vielen Orten auch kleinere Besuchermagnete zu schaffen.

Verödete Innenstädte - frühzeitig und langzeitig bekämpfen

Um ein Aussterben der Innenstädte zu verhindern und den Besuchern ein angenehmes Erlebnis zu gewährleisten, sind aus unserer Sicht verschiedene Faktoren wichtig:

 

  • Eine gute Verkehrsanbindung, sowohl des ÖPNV, als auch des Individualverkehrs, wobei man für ausreichend Parkmöglichkeiten im unmittelbaren Umfeld zu angemessenen Preisen sorgen muss.
  • Eine präsente Darstellung der nahegelegenen Attraktionen auch im Umfeld der Innenstadt bzw. des Ortes.
  • Ein gutes und abwechslungsreiches Angebot an gastronomischen Betrieben. Hierbei gilt es neben den überproportional vertretenen Fastfood-Ketten und Imbissen auch Betriebe anzusiedeln, die von ihrer Konzeption her auf eine höhere Verweildauer und einen gesellschaftlichen Austausch ausgelegt sind.
  • Leerstand, insbesondere sichtbaren Leerstand, von Gewerbeflächen vermeiden. Selbst faktischer und gefühlter Leerstand von Laden- und gastronomischen Flächen führen zu einem Attraktivitätsverlust. Kommunen und Vermieter sollten darum unbedingt versuchen Leerstand nicht als solchen erkennbar zu machen. So sind Zwischennutzungen anzuregen, bspw. als temporäre Galerie für lokale Künstler und Vereine oder für Popup- und Werbeaktionen. Außerdem sollten die Kommunen Vermarktungskanäle wie eine Onlineplattform schaffen, um so potentielle Interessenten bei der Suche nach Gewerbeflächen zu unterstützen. Hierdurch kann auch ein zu offensives Bewerben des Leerstands mit Außenwerbung an den betreffenden Objekten vermieden werden. Ein weiterer Vorteil einer Onlineplattform ist die frühzeitige Nachmietersuche, bspw. bei altersbedingter Geschäftsaufgabe.
  • Sauberkeit und ein attraktives Erscheinungsbild. Gerade im innerstädtischen Bereich müssen durch eine kontinuierliche Reinigung aber auch ausreichende Angebote von Entsorgungsmöglichkeiten eine gepflegte Atmosphäre geschaffen werden.
  • Sicherheit. Eine ausreichende Beleuchtung, die Präsenz von Ordnungskräften sowie eine mögliche Kameraüberwachung an kritischen Stellen erhöhen die tatsächliche und die gefühlte Sicherheit.
  • Lebendige Innenstädte müssen auch Lebens- und Wohnraum sowie Arbeitsstätten beinhalten. Um eine Attraktivität für alle gesellschaftlichen Schichten zu generieren und einen gewissen Grundsockel an Publikumsverkehr zu garantieren, ist eine Durchmischung der innerstädtischen Gebiete und Immobilien von Gastronomie, Handel, privatem- und sozialem Wohnraum unerlässlich. Die Kommunen sollten hier versuchen eine gemischte Nutzung der vorhandenen und neuen Immobilien zu fördern.
  • Ansiedelung von Läden, Dienstleistern, Kultureinrichtungen und Gastronomie mit Alleinstellungsmerkmal
  • Kostenloses WLAN lädt zum Verweilen ein und bietet zusätzliche Möglichkeiten bei der touristischen Stadtentwicklung (Digitale Dorflinde).
  • -Vernetzung von Gesellschaft, Verwaltung, Politik und Wirtschaft zur  Gestaltung der  Förderung der Attraktivität des Standortes
  • Der Onlinehandel darf nicht als Gegner des stationären Einzelhandels gesehen werden, sondern muss als Erweiterung und neuer Vertriebsweg verstanden und mit Nachdruck verfolgt werden. Konzepte dürfen hierbei nicht halbherzig betrieben werden, da sonst die Gefahr besteht, dass die Anzahl der Kunden nicht eine kritische Masse erreicht und sich auch die bestehenden Nutzer aufgrund des geringen Angebots wieder zurückziehen.

Wichtig ist, dass alle Maßnahmen einem ganzheitlichen Konzept folgen, denn sonst verpuffen die erhofften Magnetwirkungen der Investitionen.

Hier können Sie unseren Vorschlag herunterladen