MIT HESSEN im Gespräch mit Bernd Ehinger Präsident der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main und des Hessischen Handwerkstages (HHT)

Datum des Artikels 22.03.2018

Am 21./ 22. März 2018 steht im Binnenmarktausschuss in Brüssel die ausschlaggebende Entscheidung über die Elektronische Dienstleistungskarte auf der Agenda. Ursprünglich waren die Pläne zur Dienstleistungskarte erdacht worden, um das Anbieten von Dienst-leistungen im europäischen Ausland zu vereinfachen. Nun wird in allen Gremien kontro-vers darüber diskutiert, ob die Dienstleistungskarte für Unternehmer, Arbeitnehmer und Verbraucher von Nutzen ist. Ein Gespräch mit Bernd Ehinger, Präsident der Handwerks-kammer Frankfurt-Rhein-Main und des Hessischen Handwerkstages (HHT).

MIT HESSEN:
Wie stehen Sie zur geplanten Europäischen Dienstleistungskarte?

EHINGER:
Mit der Dienstleistungskarte versucht die EU-Kommission das Anbieten von Dienstleistungen innerhalb der EU zu erleichtern und zu fördern. Das Gegenteil ist jedoch leider der Fall, denn in Europa sind nicht alle handwerklichen Berufe im Hinblick auf die Berufsausübung gleich reguliert. Es besteht die Gefahr, dass unser Qualifikationssystem aufgrund eines niedrigen Niveaus unter die Räder kommt. Wir dürfen uns nicht mit Mittelmaß begnügen. Das ist am Ende nicht nur zum Nachteil der Handwerksbetriebe, sondern auch ihrer Mitarbeiter und natürlich auch der Verbraucher.

MIT HESSEN:
Das erinnert an den einheitlichen Ansprechpartner…

EHINGER:
Ja, richtig. In den vergangenen Jahren ist mit hohem finanziellem und personellem Auf-wand das System der einheitlichen Ansprechpartner aufgebaut worden. Ein zusätzliches Angebot wie die Dienstleistungskarte ist überflüssig, aufwändig und verwirrend. Zudem würde es zu massiven Wettbewerbsverzerrungen führen. Das Handwerk kritisiert bei den von der Kommission vorgelegten Plänen zur Dienstleistungskarte die Einführung des Herkunftslandprinzips durch die Hintertür: Für die Berufsausübung müssen allein die Vorschriften gelten, die in dem Land gelten, in denen die Dienstleistung erbracht wird.

MIT HESSEN:
Die Kommission hat viel Aufwand in das vorgelegte Konzept gesteckt: Als Wirt-schaftsflügel der CDU Hessen teilen wir Ihre Bedenken und lehnen die Karte klar ab. Stehen Handwerk und MIT HESSEN mit der klaren Ablehnung der Dienstleistungs-karte allein?

EHINGER:
Nein. Das Handwerk hat mit seiner Einschätzung schon viele Verbündete. Unter den Mit-gliedstaaten war bisher keine Einigung zu erreichen: Deutschland und Frankreich haben sich sehr kritisch zum vorliegenden Vorschlag positioniert. Der Deutsche Bundesrat hat ebenfalls die Ablehnung des Kommissionsvorschlags zur Dienstleistungskarte empfohlen. Auch alle bisher damit befassten vier Fachausschüsse des Europäischen Parlaments haben den Vorschlag einhellig abgelehnt. Aus Frankreich, Spanien, Luxemburg und aus Deutschland haben sich zudem Verbände wie die MIT, die die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen vertreten, gemeinsam gegen die Pläne zur Einführung der Elektronischen Dienstleistungskarte ausgesprochen. Alle daran Beteiligten kennen die Situation von Handwerk und Mittelstand sehr genau.

MIT HESSEN:
Was ist Ihre Erwartung und Ihre Forderung aus Sicht der Handwerkskammer Frank-furt-Rhein-Main und des Hessischen Handwerkstags mit Blick auf die entscheidende Abstimmung im Binnenmarktausschuss am 21. / 22. März 2018 zur Dienstleis-tungskarte?

EHINGER:
Ausschlaggebend wird das Abstimmungsverhalten sein. Ich fordere nachdrücklich dazu auf, bei der Abstimmung dafür zu sorgen, dass ein klares Signal gegen die Dienstleis-tungskarte ausgesandt wird. Das Handwerk setzt auf die Mittelstandsorientierung der Ausschussmitglieder.

Das Interview führte MIT-Landesvorsitzender Marco Reuter.