Lieferkette: Immer neue Bürokratielasten endlich stoppen!

Datum des Artikels 20.10.2023

Seit dem 1. Januar 2023 gilt in Deutschland das nationale Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Ziel dieses Gesetzes ist es, den Schutz von Umwelt- und Menschenrechten entlang der globalen Lieferkette zu gewährleisten. Unternehmen, die im Ausland Vorleistungsgüter oder Fertigerzeugnisse beschaffen, müssen die Verantwortung für ihre Zulieferer übernehmen.

Der Grundgedanke ist  unterstützenswert: Die meisten unserer mittelständischen Unternehmen haben schon lange vor Einführung des Gesetzes auf Umweltstandards und die Menschenrechtssituation bei ihren Zulieferern geachtet.

In der Praxis führt das Gesetz allerdings zu einer erneuten erheblichen bürokratischen Mehrbelastung für uns im Mittelstand. Großunternehmen, die den neuen gesetzlichen Berichtspflichten unterliegen, wollen verständlicherweise absichern, dass auch bei ihren Lieferanten im Mittelstand die Vorgaben eingehalten werden. Daher legen sie uns umfangeiche Fragebögen, Berichtspflichten und Verhaltenskodexe zur Abarbeitung vor. Der Mittelstand ist also massiv betroffen, obwohl das Gesetz eigentlich auf Großunternehmen zielt. Die Politik muss endlich verstehen, dass immer mehr Bürokratie kleine und mittlere Unternehmen erdrückt, denn wir können uns keine extra Mitarbeiter für die aufwändige Bewältigung von Bürokratielasten leisten.

Zusätzlich müssen wir eigentlich aufgrund von geopolitischer Unsicherheit und dem künftigen Bedarf an Rohstoffen einseitige Abhängigkeiten reduzieren und Lieferbeziehungen stärker als je zuvor diversifizieren. Das Lieferkettengesetz verhindert aber genau das, denn es drängt gerade unseren Mittelstand aus vielen Märkten heraus und überlässt das Feld anderen Ländern und Unternehmen. Es besteht somit für uns die akute Gefahr, im globalen Wettbewerb noch größerem Druck ausgesetzt zu werden.

Im vergangenen Jahr hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine noch viel strengere Lieferkettenrichtline auf EU-Ebene vorgelegt, die nun in Brüssel vor der endgültigen Verabschiedung steht. Dieser Tage hat der hessische Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck seine Initiative „Europäische Lieferkettenrichtlinie – Menschenrechte schützen, Wettbewerbschancen stärken“ vorgestellt. Der hessische Beschlussvorschlag für die nächste Justizministerkonferenz betont die Notwendigkeit, den Aufwand für Unternehmen im Rahmen des europäischen Lieferkettenrechts zu begrenzen. Außerdem wird hervorgehoben, dass die geltenden Grundsätze der nationalen Rechtsordnungen zur zivilrechtlichen Haftung und für die Zuordnung von Verantwortlichkeiten Beachtung finden müssen.

Die 2.000 Mitglieder der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) in Hessen stehen voll hinter unserem hessischen Justizminister und wir unterstreichen seine Initiative mit Nachdruck: Die Lieferketten-Regulierung trifft den Mittelstand mit voller Wucht und schwächt weiter unsere Wettbewerbskraft, die eigentlich den Wohlstand in Deutschland sichern soll. Sie ist ein weiteres Musterbeispiel der unrühmlichen Kategorie "gut gemeint und schlecht gemacht" und gehört schlichtweg eingestampft. Es muss gemeinsam mit der Wirtschaft völlig neu über pragmatische und ausgewogene Regeln zum Thema nachgedacht werden. Die MIT Hessen hat sich zum Ziel gesetzt, massivem Bürokratieabbau politisch zum Durchbruch zu verhelfen. Eine Entschärfung der Lieferketten-Regulierung würde für den gesamten Mittelstand in Deutschland und Europa ein politisches Signal von enormer Tragweite setzen.

Quelle: Gastbeitrag in der Fuldaer Zeitung vom 20.10.2023

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